Die Geschichte der Bibliothek

 

1909

Das 1817 gegründete Conservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien wird durch Verstaatlichung zur k.k. Akademie für Musik und darstellende Kunst; die musikalische Bibliothek mit ihren wertvollen Beständen verbleibt im Besitz der Gesellschaft, für die Akademie wird eine Bibliothek neu errichtet.

 

1913

Mit dem Bau des Wiener Konzerthauses wird gleichzeitig der „Akademietrakt“ errichtet, in den die neue k.k. Musikakademie Ende des Jahres einzieht.

 

1970

Mit dem Kunsthochschul-Organisationsgesetz von 1970 wird ein neuer Bildungsauftrag formuliert, der dem Gedanken der Integration von Kunst und Wissenschaft folgt; dieser Wandel bewirkt ein Anwachsen  wissenschaftlicher Literatur innerhalb des Gesamtbestands, der bis dahin zum größten Teil aus Noten besteht.

 

1997

Der Beitritt zum Österreichischen Bibliothekenverbund und damit die Umstellung auf elektronische Datenverarbeitung ist ein Meilenstein in der Geschichte der Bibliothek; damit beginnt ein grundlegender Veränderungsprozess.

 

1999

Die Verwaltung der Universität übersiedelt in das neue Hauptgebäude auf dem ehemaligen Areal der Veterinärmedizinischen Universität am Anton-von-Webern-Platz; der ursprüngliche Plan für einen gleichzeitigen Bibliotheksbau auf dem neuen Campus wird verschoben und stattdessen mit dem Umbau- bzw. Erweiterungsbau am alten Standort Lothringerstraße begonnen. Am 1. März 2000 werden die neuen Bibliotheksräume eröffnet.

 

2012

Der gesamte Bibliotheksbestand ist nach einheitlichen Kriterien elektronisch erfasst. Knapp 250.000 Informationsträger können über einen einzigen >Katalog  recherchiert werden.

 

2016

Im Sommer 2016 hat die ub.mdw nach mehr als 100 Jahren das Akademiegebäude in der Lothringerstraße verlassen und neue Räumlichkeiten am Hauptstandort der MDW am Anton-von-Webern-Platz bezogen. Am 9. November wurde das neue Bibliotheksgebäude von Rektorin Sych feierlich eröffnet und für den Publikumsbetrieb freigegeben.


Die Stempel der Bibliothek

Jede Bibliothek verwendet eigene Stempel als Eigentumszeichen. In österreichischen Universitätsbibliotheken waren dies bis zum Jahr 2002, in dem die Universitäten durch das damals gänzlich neu geschaffene Universitätsgesetz autonom wurden, gleichzeitig auch staatliche Hoheitszeichen, in dem die Bibliotheksmaterialien als staatliches Eigentum gekennzeichnet wurden. Folglich beinhaltete jeder Stempel bis dahin auch staatliche Symbole, wie etwa den österreichischen Bundesadler.

Gegründet wurde die Bibliothek im Jahr 1909, damals noch als k.k.Akademie für Musik und darstellende Kunst, in der Mitte des Bibliotheksstempels prangte der Doppeladler der Habsburgermonarchie. Knapp 10 Jahre später wurde daraus die Staatsakademie der neuen österreichichen Republik, 1924 ergänzt um die Fachhochschule für Musik. Ein kompliziert textreicher Stempel dokumentiert die Erwerbungen aus jener Zeit. Das neue Hoheitszeichen des österreichischen Ständestaates bringt ab 1934 den Doppeladler zurück. Weitere Beispiele sind die in den Jahren 1938-1945 verwendeten Bibliotheksstempel der Akademie bzw. ab 1941 Reichshochschule für Musik, die Stempel der wieder errichteten Staatsakademie nach 1945, der Hochschule ab 1970, der Universität für Musik und darstellende Kunst gemäß Kunstuniversitätengesetz ab 1998 und der mdw gemäß Universitätsgesetz 2002 (ohne staatliches Hoheitszeichen).

Die Erwerbungen während der NS-Zeit

In der Zeit von Frühjahr 1938 bis zur Befreiung Wiens durch die Rote Armee Ende April 1945 wurden in der Bibliothek der mdw ca. 3700 selbstständige Inventarnummern (Signaturen) vergeben. Mindestens soviele Exemplare tragen einen Eigentumsstempel der die Symbole des NS-Staates aufweist (Reichsadler mit Hakenkreuz). Hinzukommen noch einige Bände von Reihen sowie früher erworbene Materialien, die erst während der NS-Zeit gestempelt wurden oder bei denen der NS-Stempel ergänzend dazu gesetzt wurde. Insgesamt handelt es sich um etwa 4000 Exemplare.

Mit Literatur zu arbeiten, in der NS-Symbole aufscheinen, ist für LeserInnen zumeist verstörend, wenn nicht gar unerträglich. Vor allem bei Notenausgaben ist für viele NützerInnen eine historisch-kritische Distanz oft schwer herzustellen. Die Bände werden meist in einem Gegenwarts-bezogenen Kontext verwendet (zB. Konzert oder Studium), sodass die NS-Symbole zeitlich nicht als historische Spuren eingeordnet, sondern bezugslos in ihrer Unmittelbarkeit wahrgenommen werden.

Gleich nach Ende des NS-Regimes hat die Bibliotheksleitung auf diesen Zustand reagiert und diese Symbole mit dem Stempel der wiedererrichteten Republik überdruckt. Damit wurden im weitaus größten Teil des fraglichen Bestandes die NS-Zeichen unkenntlich gemacht. Einige Bände konnten damals nicht erreicht werden, weil sie entweder an einem anderen Standort aufgestellt waren (zB. Orchestermaterial) oder weil sie in einem niedrigeren Signaturenbereich eingereiht waren.

Im Rahmen der seit mehr als 20 Jahren intensiver betriebenen Provenienzforschung wird auch die Frage nach dem Umgang mit "kontaminierter" Literatur diskutiert (siehe Markus Stumpf, Kontaminierte Bücher). Nach gegenwärtigem Stand werden Bücher in Bibliotheken sowohl mit ihrem Inhalt als auch in ihrer gesamten Ausstattung als historische Dokumente verstanden, die unverfälscht für historische Forschung (im bibliothekarischen Berich va. Provenienzforschung) erhalten bleiben soll.

Die ub.mdw ist bemüht, Ihren BenützerInnen aktuelles und zeitgemäßes Material zur Verfügung zu stellen. Bei einigen Notenausgaben, va. bei Aufführungsmaterial, ist dies nicht immer möglich, weil Ausgaben beispielsweise vergriffen und keine Neuauflagen im Handel erhältlich sind (dies trifft auf viele Ausgaben der 1910er und 1920er Jahre zu). Es kann also vorkommen, dass ein gesuchtes Stück nur in einer Ausgabe verfügbar ist, die einen NS-Stempel aufweist (bitte machen Sie uns darauf aufmerksam, wenn Sie ein ensprechendes Exemplar in die Hände bekommen).
Da wo es möglich ist, werden wir gerne neue Ausgaben erwerben. Allen BibliotheksnützerInnen steht für Ankaufsvorschläge das elektronische Wunschbuch zur Verfügung